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Heimische Winzer in Not – warum nicht der Konsument, sondern die Politik und das System schuld sind

Winzer kontrolliert Rebenwachstum

Die Winzer in Sachsen, an Saale und Unstrut atmen nach der Katastrophenernte 2024 endlich wieder auf: Die Erträge 2025 versprechen Normalität, die Qualität ist hoch. Und doch herrscht im Weinbau keine Euphorie. Der Grund: Die wahren Ursachen der Absatzkrise liegen tiefer – und sind politisch wie strukturell hausgemacht.


Das Märchen vom „veränderten Konsumverhalten“

Offiziell heißt es: Die Deutschen trinken weniger Wein, die Jugend greift eher zu Bier, Cocktails oder Softdrinks. Verbände verweisen auf Demografie und Gesundheitstrends. Doch das greift zu kurz. Der Rückgang des Konsums ist Symptom, nicht Ursache.

Denn: Deutschland produziert weniger Wein, als hierzulande getrunken wird. Rein rechnerisch müsste sich also jeder Liter heimisch erzeugter Wein absetzen lassen. Warum passiert das nicht? Weil Strukturen, Preis- und Marktpolitik gegen die kleinen und mittleren Winzer arbeiten.


Preisdruck durch Handel und Gastronomie

Ein deutsches Weingut produziert Spitzenqualität, oftmals in mühsamer Handarbeit an Steillagen. Doch im Regal zählt oft nur der Preis – fünf bis sechs Euro geben die meisten Kunden aus. Wer mehr verlangt, riskiert, aus dem Sortiment gedrängt zu werden.

Der Handel hat in den letzten Jahren massiv auf Importware gesetzt. Massenweine aus Italien, Spanien, Chile oder Südafrika sind billiger, weil dort Fläche, Klima und Subventionen anders wirken. Für Winzer hierzulande heißt das: Sie konkurrieren in einem Spiel, bei dem die Regeln unfair sind.


Politik: Förderungen am falschen Ende

Während Milliarden in Infrastrukturprojekte, Subventionen für Großkonzerne oder internationale Handelsabkommen fließen, bleibt der deutsche Weinbau strukturell unterversorgt.

  • Neupflanzungen sind selten – weil sich die Investition nicht lohnt.

  • Förderprogramme sind bürokratisch, oft kurzfristig und erreichen kleine Betriebe kaum.

  • Marketingförderung bleibt Stückwerk, während andere Länder massiv in globale Markenbildung investieren.


Es ist kein Zufall, dass in Mitteldeutschland immer mehr Winzer ihre Rebflächen aufgeben oder brachliegen lassen.


Werteverfall und Kaufkraftschwund

Das größere Problem liegt tiefer: Wir leben in einer Gesellschaft, die Preis über Herkunft stellt. Lebensmittel – und Wein ist ein Kulturgut – werden zunehmend wie Wegwerfprodukte behandelt. Politik und Handel haben jahrzehntelang ein Klima geschaffen, in dem nur der billigste Preis zählt.

Das Ergebnis:

  • Winzer kämpfen ums Überleben.

  • Qualität wird zur Nische statt zur Norm.

  • Regionen verlieren kulturelle Identität.


Und währenddessen wird der Endverbraucher zum Sündenbock erklärt – er trinke „falsch“ oder „zu wenig“. In Wahrheit ist er ein Opfer von Kaufkraftverlust und falsch gesetzten politischen Prioritäten.


Die Frage nach dem Weinpatriotismus

„Kauft mehr deutschen Wein“, lautet der Appell. Doch Patriotismus allein wird die Branche nicht retten. Wer heute regionalen Wein kauft, setzt zwar ein wichtiges Zeichen – doch ohne politische Weichenstellungen wird es ein Tropfen auf den heißen Stein bleiben.


Was es braucht, ist:

  • Faire Handelsbedingungen – damit heimische Qualität nicht neben Dumpingware verramscht wird.

  • Gezielte Förderung kleiner und mittlerer Weingüter.

  • Ein Umdenken in Politik und Gesellschaft: weg von „billiger ist besser“, hin zu Wertschätzung von regionaler Kultur und Handwerk.


Fazit

Die Winzer an Elbe, Saale und Unstrut liefern Qualität, um die uns viele Länder beneiden würden. Doch solange die Politik andere Prioritäten setzt, der Handel nach Dumpinglogik agiert und die Gesellschaft weiter auf den billigsten Preis konditioniert wird, bleibt der Weinbau hierzulande unter Druck.


Nicht die Konsumenten oder die Märkte dieser Welt sind schuld – sondern die Strukturen, die wir uns selbst geschaffen haben.


Tags & Keywords

Keywords: 

deutscher Weinbau, Sachsen Wein, Saale-Unstrut, Winzer in Not, Weinpatriotismus, Politik und Wein, Preisdruck Weinhandel, regionale Weine, Kulturgut Wein, Gastro-Radar

Tags:

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