Tradition im Rückzug, Druck im Übermaß: Warum die Gastronomie jetzt Klarheit braucht
- Redaktion Lust auf Dresden
- vor 6 Stunden
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In vielen Städten – auch in Sachsen – verschwinden Traditionshäuser oder wechseln Konzept und Küche. Statt Gulasch, Roulade oder Schweinebraten prägen immer häufiger Gyros, Döner, Sushi & Co. das Bild. Das ist per se kein Verlust an Qualität, aber es zeigt: Der Markt verschiebt sich rasant. Bereits eine Branchenanalyse (vor der Pandemie) sah Deutschland beim Anteil „heimischer Küche“ europaweit am unteren Ende – nur rund ein Drittel des Markts trug damals das Label „deutsche Küche“. Länder wie Frankreich oder Italien liegen deutlich höher. Diese Entwicklung setzt sich in einem Umfeld fort, in dem Kosten, Bürokratie und Unsicherheit Unternehmen ausbremsen.
Die Lage in Zahlen – fünf Jahre unter Vorkrisenniveau
Preisbereinigt bleibt das Gastgewerbe auch 2024/2025 hinter 2019 zurück: 2024 real erneut im Minus; im 1. Halbjahr 2025 sind die Umsätze in der Gastronomie real weiter gefallen. Der DEHOGA beziffert die Lücke 2024 auf rund –15,8 % gegenüber 2019. Das ist eine Dauerbelastung – nicht nur eine Delle. Statistisches Bundesamt+2Statistisches Bundesamt+2dehoga-bundesverband.de
Der nächste Schlag: Rückforderungen alter Corona-Soforthilfen
Aktuell erhalten Tausende Betriebe Rückforderungsbescheide für Soforthilfen aus 2020. Ein Hotelier aus Hessen hat das in einem offenen Brief an Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori als „Staatsversagen“ kritisiert – mit Verweis auf das beschädigte Vertrauen und existenzielle Folgen. Sachsen reagiert inzwischen mit Erleichterungen (Fristverlängerungen, Ratenzahlung, Stundung). Das Thema ist real – und es kocht gerade hoch. TageskarteHOGAPAGEwirtschaft.hessen.deFAZ.NET
Wichtig rechtlich: Rückforderungsbescheide sind grundsätzlich anfechtbar, aber die Frist ist kurz: In der Regel 1 Monat ab Zustellung. Danach wird’s schwer. Parallel können (je nach Bescheid) Zahlungsfristen laufen. Unbedingt Fristen prüfen und ggf. sofort Widerspruch/Antrag auf Aussetzung stellen.
Gerichte verhandeln solche Fälle seit Monaten – nicht jeder Widerruf hält vor Gericht. Das unterstreicht: Prüfen statt vorschnell zahlen.
Steuerpolitik: Heute 19 %, 2026 wieder 7 % (geplant)
Seit 1. Januar 2024 gilt auf Speisen in Restaurants wieder 19 %. Im Koalitionsvertrag 2025 ist die Rückkehr zu 7 % ab 1. Januar 2026 vereinbart; die Bundesregierung bekennt sich dazu. Branchenvertreter und Medien bestätigen das – dennoch: Es ist Politik in Arbeit, bis zur Umsetzung bleibt Planungsunsicherheit. Und: Selbst bei 7 % werden die Preise nicht automatisch sinken – viele Betriebe kämpfen mit hohen Personal- und Wareneinsatzkosten, die weiter ansteigen werden.
Was das alles fürs „große Ganze“ bedeutet
Struktureller Wandel: Höhere Kosten, Personalmangel und Regulatorik treffen vor allem kleine, regionale Häuser – die, die Vielfalt und Alltagskultur tragen. Das beschleunigt Konzeptwechsel und Schließungen. Prognosen und Verbandsberichte sehen steigende Insolvenzen; reale Umsätze treten auf der Stelle. gastgewerbe-magazin.deStatistisches Bundesamt
Vertrauensfrage: Rückförderungen Jahre später erzeugen Planungsangst. Wer investieren soll, braucht Verlässlichkeit – nicht rückwirkende Unklarheit. Die Debatte um die Soforthilfen trifft damit Wirtschaft und Gesellschaft. TageskarteHOGAPAGE
Standortpolitik: Eine klare, konsistente Steuerlinie (7 % ab 2026 – und dann bitte dauerhaft) plus unbürokratische Hilfen bei Altfällen wären ein echtes Signal an Wirte, Hoteliers und deren Teams. Deutscher Bundestag
Fazit
Die Gastronomie ist Kulturträger, Arbeitgeber und Stadtgestalter. Wenn Traditionshäuser schließen und Rückforderungen alte Wunden aufreißen, verliert nicht nur eine Branche – wir verlieren Orte des Zusammenhalts. Jetzt braucht es klare Gesetze, verlässliche Fristen und sichtbare Unterstützung. 2026 kann mit 7 % ein Neustartpunkt werden – wenn die Politik die Zusage konsequent in geltendes Recht gießt und die Verwaltung Altfälle fair behandelt.
Keywords
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